28 Aug

Geschrieben von: FABRICAL

Kategorien : Digitalisation

„SO SEHE ICH ES“

Urs Koller, Mitinhaber MySign AG, Olten


Ich bin ein grosser Optimist, was die digitale Revolution angeht und bin überzeugt, dass sie gerade für uns Schweizer und Schweizer Unternehmen eine Vielzahl an Chancen eröffnet. Praktisch jede Branche wird vom digitalen Wandel erfasst. Und wie ein roter Faden zieht es sich durch, dass nicht die etablierten Branchen-Riesen den Wandel vollziehen. Im Gegenteil. Sie wehren sich meist vehement gegen eine Veränderung. Es sind Quereinsteiger, die aus dem Nichts auftauchen und den digitalen Wandel als Chance nutzen.

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Wie Uber (2010, 60 Mrd.), das grösste Taxiunternehmen der Welt, das keine Fahrzeuge besitzt. Facebook, als weltgrösstes Medienunternehmen, kreiert keinen eigenen Content. Alibaba, der wertvollste Retailer der Welt, hat kein eigenes Lager. Und Airbnb, der weltgrösste Unterkunfts-Vermittler, besitzt keine Immobilien. Aber alle diese Firmen besitzen die Schnittstelle zum Kunden, nämlich die Onlineplattform. Und das Phänomen der globalen Digitalisierung: Es gibt keine geografischen Grenzen, keine lokale Bindung und «The winner takes it all»! Am Ende reicht einer. Der überflügelt alle anderen und vernichtet sie: eBay, Amazon, Google, Uber, usw. 52% der 500 grössten Unternehmen (Fortune 500) aus dem Jahr 2000 existieren nicht mehr. Grosse erfolgreiche eCommerce-Plattformen sind heute zu einem grossen Teil Technologieunternehmen.

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Chancen auch für lokale Unternehmen?

Die internationalen Beispiele sind toll. Und im Nachhinein den Erfolg zu erklären ist auch etwas einfacher als im Voraus. Das ist wie mit den Biografien berühmter, erfolgreicher Unternehmer. Die digitale Revolution stellt bisherige Grundsätze auf den Kopf und hat Einfluss auf praktisch alle Geschäfts- und Lebensbereiche. Deshalb sollte sich ein erfolgreicher Unternehmer bewusst mit den Chancen der Digitalisierung und somit folgenden fünf Themen auseinandersetzen:

  1. Existenzberechtigung: Erfüllen die Produkte / Dienstleistungen der Unternehmung ein nachhaltiges Kundenbedürfnis?
  2. Fokussierung: Verfolgt das Unternehmen eine klare Strategie bezüglich Sortiment, Service und/oder Preis?
  3. People: Hat das Unternehmen ein positives Image, um die Talente von morgen mit ihrem Engagement, Knowhow und Feuer zu gewinnen?
  4. Innovation und Investition: Ist das Unternehmen bereit, in die Zukunft zu investieren? Digital ist nicht gratis!
  5. Fehler machen! Lernen. Wenn keine Fehler passieren, dann wird nicht genug Innovation betrieben!

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Nachfolgend ein paar Beispiele zur Verdeutlichung der Digitalisierungs-Chancen:

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Das lokale Biolädeli 

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Portanatura – ursprünglich ein Naturaladen in Zofingen – hat seit 2006 einen Onlineshop und verfolgt eine klare Sortimentsstrategie. Nicht billig, sondern einzigartig.

Der Umsatz im Onlineshop ist heute etwa gleich gross wie im Laden – eine zweite Filiale. Das riesige Sortiment hätte in den Ladenregalen gar nie Platz und zudem spricht Portanatura so eine überregionale Käuferschaft an.

Aber, Online ist nicht gratis. Online ist auch nicht billig. Online ist wie eine Filiale und braucht ständige Aufmerksamkeit und Investitionen.

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www.portanatura.ch

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Die Armaturenfabrik

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Bei R. Nussbaum geht es weder um Kundengewinnung noch Bekanntheit. Es geht um Service, Beschleunigung, administrative Vereinfachung, Effizienz und Kosten. Der Monteur auf der Baustelle kann über die Nussbaum-App Bestellungen vorbereiten oder, sofern auch berechtigt, gleich ausführen. Und das Material wird innerhalb von 24 Stunden auf die Baustelle geliefert. Mit dem klaren Fokus auf Service vereinfacht und beschleunigt die Armaturenfabrik seine internen und externen Prozesse und bietet dadurch seinen Kunden einen echten Mehrwert.

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www.nussbaum.ch

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Der Disruptor

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In der Ticketing-Branche herrscht eine sehr grosse Unzufriedenheit wegen der teilweise horrenden Gebühren auf den Tickets. In David-gegen-Goliath-Manier prangert Ticketfrog dieses arrogante Gebaren der grossen Ticketing-Anbieter wie Ticketcorner, Starticket, Ticketino etc. an und positioniert sich als kostenlose Alternative. Das Ticketfrog zu Grunde liegende Geschäftsmodell ist disruptiv und hat das Potential, den Online-Ticketing-Markt fundamental zu verändern. Ticketfrog finanziert sich über ein innovatives Werbekonzept mit zielgenauen, attraktiven Gutscheinen, während die Mitbewerber ausschliesslich auf das klassische Modell „Gebühren auf den Tickets“ setzen. Das Ticketfrog-Geschäftsmodell ist ein WIN-WIN-WIN-Modell, bei welchem Veranstalter, Werbepartner und Ticketkäufer gleichermassen profitieren.

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www.ticketfrog.ch

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Fazit

Ich bin überzeugt, wir sind noch längst nicht am Ende des digitalen Wandels. Im Gegenteil. Die grössten Veränderungen stehen uns noch bevor. Und vor allem: In dieser digitalen Welt sind unsere Kinder, die Generation der Digital Natives, die Experten, und wir Eltern und auch die Lehrpersonen die Laien. Eine solche Umkehrung der Rollen dürfte ein Novum in der Geschichte der Menschheit sein. Das hat weitreichende Konsequenzen:

  • Für die Erziehung. Für die Ausbildung. Damit müssen wir erst einmal umgehen können. Und es vor allem als Chance sehen. Es ist nicht einfach nur so, dass die Kids sich besser zurecht finden in der digitalen Welt als wir. Sie verhalten sich anders. Sie gehen anders mit neuen Informationen um. Sie entwickeln ganz andere Strategien um Probleme zu lösen. Es geht nicht mehr darum, möglichst viel auswendig zu lernen.
  • Das Wissen der gesamten Welt steckt heute bei jedem in der Hosentasche. Mit den heutigen Smartphones ist man mit der ganzen Welt vernetzt und es gibt sozusagen keine Frage mehr, die man nicht sofort beantworten kann. In dem man seine Freunde über WhatsApp fragt, in dem man bei Youtube ein passendes Video zu einem aktuellen Problem sucht oder in dem man ganz einfach Google fragt. Google beantwortet heute 5 Milliarden Suchanfragen. Täglich. Wer hat eigentlich alle diese Fragen früher beantwortet und vor allem, wie lange hat das gedauert!?

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Was in einer digitalen Welt viel wichtiger ist, als sich viel Wissen anzueignen: Kreativität, Leidenschaft, Sozialkompetenz, Querdenken und kritisches Hinterfragen. Denn das sind Eigenschaften, die auch morgen und übermorgen nicht von Maschinen übernommen werden.

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Zu meiner Person

  • Nach dem Betriebswirtschaftsstudium an der Hochschule St. Gallen (HSG) war ich bei der Winterthur International in der Schweiz und in den USA tätig.
  • Im Jahr 2000 war ich als Mitgründer der AgriGate AG massgeblich am Aufbau des E-Commerce-Startups beteiligt und später Geschäftsführer der haltestelle AG, Bern.
  • Seit Januar 2006 bin ich Mitinhaber der MySign AG, einem 40-köpfigen E-Commerce Powerhouse, welches in interdisziplinären Projektteams Onlineshops, mobile Apps und Corporate Websites konzipiert, gestaltet, umsetzt und betreibt.
  • Zusammen mit meinen beiden Geschäftspartnern Mike Müller und Reto Baumgartner gründete ich in den letzten 10 Jahren die Firmen Linsenmax AG (Kontaktlinsen günstig online kaufen – www.linsenmax.ch), VJii Productions AG (Professionelle Videoreportagen – www.vjii.ch) und Ticketfrog AG (Gebührenfreies Online-Ticketing – www.ticketfrog.ch).

 

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